Div Wellinger vor der AOG Zürich: «Kampf ist unser Primärauftrag»

Di, 16. Apr. 2019

Einen wahren Höllenritt erlebten die Mitglieder und Gäste der AOG Zürich am 20. März 2019 im Zunftsaal zum Kämbel in der Haue: Div René Wellinger referierte frank und frei zum Heer und zur Operationssphäre Boden. Eindringlich, drastisch führte er den Zuhörern vor Augen, was die Armee in einem Krieg erwartet. Im statutarischen Teil bestätigte die Versammlung Hptm Patric Crivelli, den initiativen Präsidenten, bis 2021.

Der Zunftsaal war voll besetzt, als Hptm Crivelli die Mitglieder und die markant vertretenen Ehrengäste begrüssten. Nennen wir unter den Gästen:
• die Kantonsräte Amrein, Bourgeois und Klay;
• KKdt Blattmann, die Div Brülisauer, Gall, Meier, Müller, Ostertag, Siegenthaler und Wellinger sowie die Brigadiers Steiger und Stoller.

Städte und Agglomerationen
René Wellinger begann mit dem römischen Leitwort des Heeres: «VIRTUTE ET AUDACIA AD VICTORIAM», tapfer und kühn zum Sieg.

In der Beurteilung der globalen Lage zeigte der Kommandant Heer Bilder von zerstörten Überbauungen in der Ukraine, in Syrien, Irak und Mali. Für die Schweiz leitete er erste Konsequenzen ab: • «Es wird darum gehen, die Städte und Agglomerationen zu schützen.»
• Das überbaute Gebiet bietet vor allem den irregulären Kräften entscheidende Vorteile.
• Dieses Umfeld bietet die Möglichkeit, verdeckt aus der Bevölkerung heraus zu agieren – in der Kleinräumigkeit dieses unübersichtlichen Geländetyps, in der die eigene Unterlegenheit teils kompensiert werden kann.»

Zum hybriden Krieg…
Zum hybriden Krieg legte Wellinger dar:
• Der hybride Gegner wirkt auf diversen Ebenen. Kein einzelnes System kann eine Antwort auf diese komplexe Herausforderung geben.
• Wir müssen unsere Kräfte in der Tendenz weniger spezifisch und vermehrt polyvalent einsetzen. Das setzt voraus, dass wir uns gemeinsam entwickeln, gemeinsam trainieren und über eine gesamtheitliches Führung verfügen.

…und zum modernen Gefecht
Was das moderne Gefecht hinterlässt, zeigte René Wellinger anhand von Bildern aus Homs und Donezk. Es sei eine Illusion anzunehmen, dass Zerstörungen wie in Syrien oder in der Ost-Ukraine ganz vermieden werden können.

Denn der Gegner werde seine Ziele vor allfällige Kollateralschäden stellen und somit den Verteidiger zwingen, mit entsprechend intensiven Mitteln gegen ihn vorzugehen. Wir müssten in der Lage sein:
• «gerade im überbauten Gebiet effizient, aber angemessen zu wirken;
• die Kampftruppen in diesem Umfeld zu bewegen.»

Kriterien zur Verteidigung
In seinem Sicherheitspolitischen Bericht von 2016 definierte der Bundesrat die Verteidigung neu.

Im Gegensatz zu früher ermöglicht er jetzt den Einsatz der Armee in der Verteidigung auch, wenn der Angriff auf unseren Staat nicht durch eine Armee erfolgt, die einem Staat zugeordnet werden kann.

Gleichzeitig legte der Bundesrat vier Kriterien fest, die für einen Verteidigungseinsatz alle erfüllt sein müssen:
• Die territoriale Integrität, die gesamte Bevölkerung oder die Ausübung der Staatsgewalt sind konkret bedroht.
• Es handelt sich um eine zeitliche anhaltende Bedrohung, die über eine punktuelle zeitliche Bedrohung hinausgeht.
• Es handelt sich um eine landesweite, und nicht nur um eine örtliche oder regionale Bedrohung, wobei das Niveau der Bedrohung nicht im gesamten Land gleich hoch sein muss.
• Es handelt sich um eine Bedrohung, die eine solche Intensität erreicht, dass sie mit militärischen Mitteln bekämpft werden kann.

Raison d’être des Heeres
«Hier nun», hielt Divisionär Wellinger fest, «liegt die Raison d’être des Heeres.»

Das Heer sei eindeutig mehr als eine Mechanisierte Division: «Das Heer stellt im Verteidigungsfall die Schweizer Bodenstreitkraft und hat als solche die zentrale Verantwortung für den Schutz des Schweizer Lebensraumes.»

Wichtig sei dabei, dass die Armee als Gesamtsystem funktioniere.

In der Grundgliederung umfasst das Heer 3 Mech Br Stäbe, 3 Stabsbat, 4 Aufkl Bat, 6 Pz/Mech Bat, 4 Art Abt, 2 Pz Sap Bat, 1 Pont Bat und ein Komp Zen FFS. Über die Einsatzgliederung entscheidet jedoch der Auftrag.

Divisionär René Wellinger wörtlich: «Mit meinem Stab bin ich verantwortlich für die ganze Operationssphäre Boden: für Doktrin, Organisation und Mittel – nicht nur der Panzer und der Artillerie, sondern auch der Infanterie, der Genie und Rettungstruppen, der Militärpolizei und (bald) des KSK.»

Ter Div müssen kämpfen
Zu den Einsatzformen: «Auch die Ter Div muss kämpfen, auch die Mech Br helfen. Die Gleichzeitigkeit der Einsatzformen Kämpfen, Schützen, Helfen stellt die Führer aller Stufen vor Herausforderungen.»

Zur Forderung 1, zu den Ter Div, sei die Anmerkung erlaubt: Wer die vier Ter Div Kdt Langel, Walser, Caduff und Brülisauer kennt, der zweifelt nicht daran, dass die Ter Div kämpfen können!

Leistung auf Anhieb
Der Kommandant Heer stellte in seiner authentischen Art die Gretchenfrage: «Wie haben wir unsere Leute auszurüsten, auszubilden und zu trainieren, damit sie sich im Ernstfall richtig verhalten, notfalls adaptieren und letztlich den Sieg erringen?»

Und er antwortete, dabei werde es keinen zweiten Versuch geben, kein «Mir machet’s nomoll.» fo.


Der Zunftmeister stellt die Kämbel-Zunft vor

In sympathischen, humorvollen Worten stellte Christian Bretscher, der Zunftmeister zum Kämbel, seine Zunft vor.

Die Zunft zum Kämbel hat wie die zwölf anderen historischen Zünfte ihren Ursprung in der Zunftverfassung von 1336. Sie setzte sich bei der Gründung aus «Gartnern, Ölern und Gremplern (Kleinhändlern)» zusammen.

Ein berühmter Kämbel-Zünfter war Bürgermeister Hans Waldmann, der im April 1489 in Zürich enthauptet wurde.


Vorbildlich Miliz

Hptm Patric Crivelli, der AOG-Präsident, ist ein vorbildlicher Milizoffizier. Der Inhaber und Geschäftsführer der Druckerei Crivelli AG dient im Kdo Op im FGG 3/9 und war von 2002–2018 Gemeinderat von Dübendorf, 2011/12 als Präsident.

In der AOG Zürich war Crivelli Vizepräsident von 2012–2017. Seit 2017 steht er der derzeit 1755 Mitglieder umfassenden, grossen OG-Sektion zupackend und ideenreich vor.


 Wahlen auf einen Blick

• Wiederwahl von Htpm Crivelli.
• Bestätigt: Major i Gst Michael Schläpfer; Major Adrian Leibundgut; Major Marc A. Locher.
• Neu gewählt: Major Adrian Bangerter, Unternehmer, Fachstab MIKA, C FGG 7; Hptm Philipp Vonrüti, Jurist, Stab Geb S Bat 6; Hptm Thomas Suter, Polizist Stapo ZH, Adj MP Schutz Det.
• Neuer Revisor: Major Philippe Maloberti (für Hptm Rolf Renz).


SOG-Präsident direkt

Einen guten Draht hat die AOG Zürich zum SOG-Präsidenten, zum Zürcher Obersten i Gst Stefan Holenstein.

An der Versammlung zeigte Stefan Holenstein – wie vier Tage zuvor in Einsiedlen – ebenso direkt die staatspolitische Lage unserer Armee auf. Zur Bestandeskrise nannte er Remeduren: Differenzierte Tauglichkeit; mehr Frauen (siehe Bundesrätin Amherd vor der SOG); Kampf gegen das Zivi-Unwesen; Einstehen pro Berufsmilitär.


Attraktive Redner 2019

In ihrem Jahresprogramm wartet 2019 die AOG wieder mit attraktiven Referaten auf (alle im Zunfthaus zur Haue):
• 9. Mai, Divisionär Daniel Keller, Kdt HKA: «Mehrwert der HKA für die Miliz».
• 18. Juni, Oberst i Gst Niels Blatter, Kdt Komp Zen ABC-KAMIR: «CBRNE-Abwehr Schweiz.»
• Am 21. November referiert KKdt Philippe Rebord, CdA, zu einem aktuellen Thema.

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