Hptm Sarah Brunner führt als erste Frau eine Inf Kp

Di, 16. Apr. 2019
Hptm Brunner, Kdt Geb S Kp 6/1, am Funk.

Hptm Sarah Brunner führt als erste Frau eine Inf Kp – um genau zu sein: die Geb S Kp 6/1 im dienstältesten Bataillon der Schweiz, genannt auch das «Schützesächsi». Die 30-jährige Stadtzürcherin diente als UNO-Beobachterin mit Erfolg im Nahen Osten und studierte jetzt an der Militärakademie an der ETH Zürich, um Berufsoffizier zu werden. Ein Gespräch mit einer in vielfacher Hinsicht aussergewöhnlichen Frau.

Was bewog Sie als 18-jährige Zürcherin, in die Armee einzutreten – in der klassischen Kampftruppe, der Infanterie?
Sarah Brunner: Meine Idee, Militär zu leisten, war damals: Wenn schon, denn schon. Ich kannte die Armee als Stadtzürcherin überhaupt nicht und wollte das volle Programm: Dreck, Schiessen, Drill. Dass ich an die Infanterie-Kaderschulen konnte, war und ist für mich ein Highlight, das ich nie angezweifelt oder bereut habe – im Gegenteil!

Ihr Weg führte in den Nahen Osten, wo Sie als Militärbeobachter in den Hexenkessel gerieten. Wie überstand das eine junge, kompetente, starke Frau wie Sie?
Brunner: Ich hatte immer grossen Respekt vor der Sache. Hinzu kommt ein starkes Urvertrauen in mich selbst und die Organisation. Ich sehe einen solchen Einsatz als Privileg und Bereicherung. Überhaupt hat mich das Militär zu einem Herausforderung-Sucher geformt, die Einsätze in Kriegund Krisengebieten waren sehr dankbar für mich.

Ihr Weg führte Sie dann nach Afrika, nach Mali. Was war da besonders?
Brunner: Mali ist ein sehr heisses Pflaster. Die Grundvoraussetzungen sind hart. Das Klima und die grosse Armut im Malaraia-Hochgebiet beeinflussen den Alltag spürbar. Die Sicherheitslage ist für UN Personal eine total andere, gewisse Gruppierungen wollen «uns» nicht im Land, das war im nahen Osten anders.

Wie äussert sich das?
Brunner: Die Komplexität der allgemeinen Lage kann zum Kopfzerbrechen führen und alltägliche Situationen haben bei mir unlösbare innere Konflikte ausgelöst. Alles in allem bin ich extrem dankbar für die Erfahrung, diese völlig neue und eigene Welt erlebt zu haben, und darüber, dass ich meinen Beitrag leisten konnte!

Wie erlebten Sie in Nahost und Afrika die Kooperation mit Beobachtern aus anderen Armeen?
Brunner: Mit Offizieren aus über 60 Ländern zu arbeiten, war dermassen wertvoll und auch eine Herausforderung. Es war ausgesprochen spannend zu erleben, wie andere Armeen vorgehen. Es erweitert auch im Arbeitsbereich den Horizont! Der kulturelle Unterschied prägte am meisten die Zusammenarbeit und das Zusammenleben.

Nun sind Sie auf bestem Weg zum Berufsoffizier. Was motiviert Sie zu diesem Beruf, den man eine Berufung nennt?
Brunner: Nach meiner Rückkehr aus Syrien zog ich die Notbremse: Ich habe ein Jahr gebraucht, mich mit Fragen zu konfrontieren zur Gesellschaft und meinem Platz darin. Das Jahr Pause hat mir viel Motivation und Einsicht gegeben. Neben einem hohen sozialen Engagement habe ich gemerkt dass ich beruflich in der Armee am absolut richtigen Ort bin. So habe ich im Eiltempo die eidgenössische Matura geschrieben und gewusst, ich will auf akademischem Weg zum Berufskorps gehören.

In der Miliz dienten Sie mit Erfolg als Zugführer. Wie war der Weg zum Kp Kdt?
Brunner: Das Führen einer Kompanie durfe ich bereits als Zeitmilitär an der Churer Inf RS 12 erlernen. Ursprünglich wollte ich lediglich Soldat werden und irgendwann merkte ich, nun ist die Zeit reif, und ich bin für den nächsten Schritt bereit. So war das dann auch mit der Entscheidung, die Kommandanten-Laufbahn anzugehen. Ich war sehr gerne Zugführer und konnte mir lange keine schönere Funktion vorstellen – bis dann wohl die Zeit reif war, und nun denke ich genauso über die Funktion des Kadi.

Verraten Sie uns zum Schluss: Wie führen Sie Ihre Geb S Kp 6/1?
Brunner: Die Sinnvermittlung steht bei mir im Zentrum. Dadurch, dass ich vier Jahre lang selber Soldat war, weiss ich, wo die Soldaten der Schuh drückt und kann dort ansetzen. Ich bin streng, aber immer fair, und nehme mich selbst nie zu wichtig. Auch Humor ist unverzichtbar. red.


Mali: MINUSMA

In Afrika diente Hauptmann Sarah Brunner in der MINUSMA, der Multidimensionalen Integrierte Stabilisierungsmission der UNO im kriegerischen Staat Mali.

MINUSMA ist ist eine Friedensmission der Vereinten Nationen, in der am 1. Juli 2013 die afrikanisch geführte Stabilisierungsmission AFISMA aufging. Seither starben in Mali 116 Blauhelmsoldaten: Die Mission gilt als eine der verlustreichsten Missionen der Vereinten Nationen überhaupt.


Nahost: UNTSO

Im Nahen Osten diente Hptm Brunner in der UNTSO, der Organisation der UNO zur Überwachung des Waffenstillstands von 1948/49.

Die ersten UNO-Friedenstruppen erreichten das Gebiet nach dem Palästinakrieg 1949. In der Folge mussten immer wieder die kurzfristigen, fragilen Waffenruhen verlängert werden. Dies gehört auch heute noch zu den Aufgaben der Mission, die sich mittlerweile über Ägypten, Israel, Jordanien, Libanon und Syrien erstreckt.

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