Ungewisse Zukunft

Di, 16. Apr. 2019
RUAG Structures Oberpfaffenhofen.

Die diesjährige Bilanzpressekonferenz der RUAG am 28. März 2019 stand im Zeichen der Hochs und Tiefs im Jahr 2018 und der Aufteilung des Konzerns in zwei Subholdings. Auf den 1. Januar 2020 soll dieser einschneidende Schritt vollzogen sein.

Von der RUAG-Bilanzpressekonferenz in Zürich-Seebach berichtet Oberstlt Peter Jenni

Der CEO der RUAG, Urs Breitmeier, wies in seinem Rückblick auf die Hochs und Tiefs im Berichtsjahr hin. Auf der erfreulichen Seite steht der Rekordumsatz von 1998 Millionen Franken und die neue Bestmarke von 2221 Millionen Franken beim Auftragseingang. Enttäuschend ist dagegen der Ebit von 106 Millionen Franken (Minus 10.8 Prozent Rückgang) und die geringere Rentabilität von 5.3 Prozent gegenüber von 6.1 Prozent im Vorjahr.

Dividende 30 Millionen
Positiv entwickelte sich dafür der Free Cash Flow, der von minus 59 Millionen auf 94 Millionen Franken gestiegen ist. Der Verwaltungsrat beantragt für das vergangene Geschäftsjahr eine Dividende von 30 Millionen Franken (minus 10 Millionen Franken), die in die allgemeine Bundeskasse fliessen. Urs Breitmeier hielt unter anderem fest, dass «das erneute starke Wachstum erfreulich ist. Auftragseingang und -bestand haben Rekordwerte erreicht, was mich positiv in die Zukunft blicken lässt.»

Highlights 2018
Für den CEO sind die Produktion von Komponenten für die Raumfahrt in den USA, die Fertigung von Flügelklappen (Trailing Edge Flaps) und Flügelflossen (Ailerons) in Emmen für die weltweite Flotte der F/A-18 und die Erfolge der Lernenden an den SwissSkills wichtige Höhepunkte für die RUAG.

Als weitere Ereignisse wurden unter anderem genannt: der erste Nato-Vertrag für Ruag Defence für die Lieferung der «Tactical Access Nodes», die Lieferung von weiteren Steuerungscomputern für die Galileo Satelliten durch Ruag Space und die Modernisierung von acht Transporthelikoptern der Schweizer Luftwaffe. Ob der Entscheid des Bundesrates für die Entflechtung der Ruag ein Erfolg wird, wird sich zeigen.

Dieses Vorhaben wurde durch eine Forderung der Eidg. Finanzkontrolle ausgelöst, die von der RUAG eine transparente Rechnungslegung nach Kundengruppen verlangt. Die RUAG meint dazu im Geschäftsbericht, «damit findet ein Paradigmawechsel statt, galt doch in den vergangenen zwei Jahrzehnten die Maxime, Synergien zwischen dem zivilen und dem militärischen Drittgeschäft mit dem Schweizer Militärgeschäft zu generieren.»

Stabile Weiterentwicklung
Für 2019 geht die RUAG davon aus, dass die Weiterentwicklung stabil positiv bleiben wird. Wachstum erwartet der Konzern im Flugzeugstrukturbau und im Munitionsgeschäft mit Armeen und Behörden. Allerdings wird der Reingewinn wegen der Kosten für die vom Bundesrat beschlossene Aufspaltung und Neupositionierung deutlich tiefer ausfallen.

In Gerüchten, unter anderem auch aus dem VBS, und einem Medienbericht wurden Vorwürfe erhoben, dass der Konzern Ruag dem VBS zum Teil überhöhte Rechnungen stelle. Auf Antrag der RUAG wird die Eidgenössische Finanzkontrolle in der ersten Hälfte 2019 eine zusätzliche Prüfung vornehmen, um in dieser Frage vollständige Klarheit zu schaffen.

Ungewisse Zukunft
«Es wird klingeln in der Bundeskasse», diese Aussage machte der Präsident des Verwaltungsrats der RUAG, Remo Lütolf, in einem Interview in der NZZ vom 29. März 2019. Damit meinte er, dass der Bundesrat die Wartung von Waffensystemen in seiner Hand behalten will, die übrigen Teile der RUAG jedoch, nachdem sie neu aufgestellt sind, zu einem guten Preis verkauft werden sollen. Der Erlös aus diesen Verkäufen komme dem Eigner, sprich dem Bund zugute.

KOMMENTAR

Wird dieses Ziel tatsächlich umgesetzt, setzt sich ein Verkauf von bundeseigenen Betrieben an den Meistbietenden fort, ohne dass sich die Verantwortlichen der langfristigen Konsequenzen dieses profitorientierten Denkens bewusst sind. Es gibt bereits einige Beispiele aus dem Bestand der früheren Bundesbetriebe, die sich heute in fremden Händen befinden und die Entscheidungsgewalt nicht mehr in der Schweiz liegt.

In der Schweiz hat man bereits erlebt, was es heisst, vom Ausland abhängig zu sein. Ein gutes Beispiel dazu ist der Krieg der USA im Irak. Plötzlich waren wichtige Ersatzteile für unsere F/A-18 nicht mehr zu den bisherigen Lieferfristen erhältlich, und die Turnaroundzeiten für Komponentenreparaturen wurden erheblich länger.

Die Amerikaner flogen damals im Irak auch mit den F/A-18 und benötigten dafür mehr Ersatzteile als normal. Die Produktion der Ersatzteile in den Werkstätten der US-Lieferanten konnte erst nach einiger Zeit erhöht werden, um die Bedürfnisse jener Nationen zu befriedigen, die darauf angewiesen waren. Bereits heute verfügt die Schweiz über keine Fähigkeit mehr, grosskalibrige Artilleriemunition selber herzustellen. Nun soll zum Beispiel auch noch die Ammotec an den Meistbietenden verkauft werden. Sie ist aktuell die eigentliche Cashcow in der RUAG. Mit guten Gründen behalten deshalb moderne Streitkräfte eine technisch hochstehende wehrtechnische Rüstungsbasis für die Herstellung moderner Waffen. Staaten haben bei der Sicherheit des Landes zu Recht sich selbst im Auge. Wie die erwähnten Beispiele zeigen, ist im Falle eines Falles nicht sichergestellt, dass die Lieferungen aus dem Ausland wie erwartet auch tatsächlich rechtzeitig eintreffen.

Von Souveränität kann in diesem Bereich nicht mehr gesprochen werden. Es besteht mit der Auflösung der RUAG die Gefahr, dass die politisch Verantwortlichen des Landes aus opportunistischen Gründen diesen Entscheid nur deshalb gefällt haben, um sich die lästigen Diskussionen um allfällige Waffenexporte vom Hals zu schaffen. Dies ist im Widerspruch zu allen Erfahrungen, wonach für die Bewahrung des Friedens und der Freiheit nicht nur eine starke Armee, sondern auch eine leistungsfähige Rüstungsindustrie notwendig sind. Peter Jenni


Kennzahlen 2017/2018

Auftragseingang 2221/1961
Auftragsbestand 1794/1607
Nettoumsatz 1998/1990
Ebit 106/119
Reingewinn 74/89
F+E 179/181
Personalbestand 9127/9189

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